Das Seetal präsentierte sich vor 85’000 Jahren als Schotterebene, die als eiszeitliche Steppe bezeichnet werden kann. Gräser, Kräuter und vereinzelte niedrige Bäume prägen die Landschaft und bilden die Nahrung für viele Tiere. Die riesigen Mammuts suchen im Herdenverband nach Nahrung. Ihren Lebensraum müssen sie mit Wollhaarnashorn, Rentier, Moschusochse und vielen anderen Tierarten teilen. Raubtiere wie Wolf und Fuchs profitieren von der grossen Auswahl an Beutetieren und von den Kadavern der verstorbenen Tiere.
Bild: Joe Rohrer (www.bildebene.ch)
Die Schotterebene entstand vermutlich im Vorfeld des vorrückenden Reussgletschers. Es ist möglich, dass ein Klimarückschlag genügte, um einen Gletschervorstoss bis ins Seetal auszulösen. Die Drumlins und Rund- höcker sind Ergebnisse solcher Vorstösse.
Der Gletscher brachte riesige Gesteinsmengen aus den Innerschweizer Alpen mit. Die eher sanft fliessenden Schmelzwasserflüsse lagerten das Steinmaterial im Seetal ab. Im Hintergrund sehen wir, wie der Gletscher langsam von Luzern her ins Seetal vorrückt.
80’ooo Jahre später sieht die Landschaft anders aus. Das Alpenpanorama ist das gleiche geblieben. In der Kiesgrube werden die wertvollen Schotter der Eiszeit abgebaut. Die Kiesgrube bildet gleichzeitig ein Refugium für viele Tier- und Pflanzenarten, die zum Teil bedroht sind.
Die Kiesvorkommen von Eschenbach – Ballwil – Hochdorf sind am Südrand des seichten, von SSE nach NNW streichenden Seetals gelegen, das beiderseits von den Hügelzügen mit anstehendem Felsen der Oberen Süsswassermolasse flankiert ist.
Während der Baldegger- und der Hallwilersee von Stirnmoränenwällen umrandete Zungenbecken eines Seitenarms des Reussgletschers darstellt, findet sich auf der hochebenartigen Senke zwischen Eschenbach und Hochdorf eine flächige und recht mächtige Moränenabdeckung mit vielen rundovalen Hügeln. Diese werden als Drumling bezeichnet und stellen vom Eisstrom geformte Moränenakkumulationen dar, deren Längsachsen die Fliessrichtung des eiszeitlichen Gletschers verraten. Diese oberflächennahen Moränenablagerungen entstanden während des letzten grossen Gletschervorstosses. Dies Kiesvorkommen von Eschenbach – Ballwil – Hochdorf dagegen sind ausserhalb der Kiesgruben Eschenbach und Ballwil nur an wenigen Stellen direkt aufgeschlossen, da sie unter dieser flächigen Moränenabdeckung liegen.
Bild: Joe Rohrer (www.bildebene.ch)
Die Schottervorkommen von Eschenbach – Ballwil – Hochdorf liegen also unter Moränenablagerungen des letzten grossen eiszeitlichen Gletschervorstosses und werden ihrerseits von Moränenablagerungen eines älteren Gletschervorstosses unterlagert. Aus diesem Umstand haben bereits frühere Autoren wie Kopp (1945) und Handtke (1980) gefolgert, dass die Kiesvorkommen im Zuge des jüngsten Gletschervorstosses als sogenannte Vorstossschotter zur Ablagerung gelangt sein müssen.
Bei den Vorstossschottern handelt es sich um Ablagerungen eines hochenergetischen, verwilderten Flusssystems im Vorfeld des heranrückenden, eiszeitlichen Reussgletschers. Dabei muss der Gletscher bis an die Südabdachung des Rooter Bergs vorgestossen sein. Hier stellte sich die bis zum Sonnenberg erstreckende Hügelkette dem Reussgletscher als letztes Hinternis in den Weg, bevor sich dieser beim weiteren Vorstoss als Piedmontgletscher ins Mittelland ausbreiten konnte. Denn nur so ist es möglich, dass der herangeführte alpine Abtragungsschutt nicht vorzeitig in der riesigen Sedimentfalle des Beckens des Vierwaldstättersees zur Ablagerung gelangte, sondern von den Schmelzwasserbächen weiter hinaus ins Mittelland verfrachtet werden konnte. Der nach der Ablagerung der Schotterfluren vorstossende Gletscher erodierte einerseits die Schotter teilweise wieder, andererseits wurden diese örtlich durch komplizierte, weniger saubere und feinanteilreichere Sanderablagerungen überschüttet. (Keller+Lorenz AG, Luzern 2014)
Naturnahe Lebensräume (Ausschnitt aus Bericht Spatteneder Ökologie AG, Staffelbach)
Das Kiesgrubengelände bietet verschiedenartige, ökologisch wertvolle Lebensräume an, die im umgebenden Landwirtschaftsgebiet nicht oder nur sehr begrenzt vorkommen.
Steilwände:
Steilwände sind potenziell wertvolle Lebensräume. Wenn sie geeignete Stellen mit Sandlinsen aufweisen, können Uferschwalben dort ihre Brutröhren bauen. Für die Besiedlung durch Insekten wie Wildbienen und Grabwespen ist neben der Struktur hauptsächlich die Exposition einer Wand von Bedeutung. Süd- und Südostwände sind am attraktivsten. An Steilwänden klettern, kriechen und jagen vielerlei Insekten und weitere wirbellose Tiere wie Gehäuseschnecken oder Spinnen.
Kies- und Sandflächen:
Auf Kies- und Sandflächen ist die Konkurrenz unter den Arten klein, weil nur wenige Spezialisten an die hier herrschenden Extrembedingungen angepasst sind. Die Vegetation entwickelt sich langsam, deshalb sind über längere Zeit kahle oder spärlich bewachsene Stellen vorhanden. Wenn sie zuwachsen, müssen ihre Erstbewohner, die Pionierarten, neue Lebensräume aufsuchen. Diese offenen Flächen haben eine grosse Bedeutung, da solche Biotope im Mittelland heute nur noch sehr spärlich vorhanden sind. Natürlicherweise sind sie früher im Bereich unkorrigierter Flüsse durch deren Dynamik entstanden.
Schüttungen:
Auf Schüttungen wachsen viele sogenannte Pionier- und Ruderalpflanzen sowie Ackerwildkräuter, die auf offenen Boden angewiesen sind. Die steigende Zahl bedrohter Arten in dieser Gruppe ist eine Folge von Landschafts- und Nutzungsveränderungen im zwanzigsten Jahrhundert. Auf magerem Schüttgut bleibt die Vegetationsdecke über längere Zeit lückig. Für bestimmte Tier- und Pflanzenarten bilden solche Flächen ideale Lebensräume. Auf nährstoffreicherem Untergrund entwickelt sich rasch eine üppige Flora. Die Pflanzen der Schüttungen bieten vielen Insekten Futter in Form von Nektar, Pollen und Blättern und in hohlen Stängeln können spezielle Arten nisten und überwintern (z.B. gewisse Wildbienen). Im Sommer und Herbst bieten die Samenstände Vögeln als Nahrung. Auch viele Wildtiere schätzen die abwechslungsreiche Nahrungskost in den Schüttungen.
Gewässer:
Kiesgrubengewässer haben grundsätzlich eine grosse Bedeutung für Tiere und Pflanzen, da in der heutigen Landschaft Nassstandorte allgemein rar geworden sind und die Bedrohung ihrer Bewohner stark zugenommen hat. Dies trifft insbesondere auf viele Amphibienarten zu, die für ihre Fortpflanzung auf Weiher und Tümpel angewiesen sind. Als Weiher werden kleine Gewässer bezeichnet, welche ständig Wasser führen. Tümpel sind flachere Wasserstellen, die sich rasch erwärmen und die periodisch austrocknen können. Sie werden vorallem von so genannten Pionierarten als Laichgewässer benützt (Beispiel Kreuzkröte). Da deren Kaulquappen eine relativ kurze Entwicklungszeit von etwa 4-6 Wochen haben, verringert sich die Gefahr, dass sie durch Austrocknen des Gewässer umkommen.
Gehölze:
Gehölze sind wertvolle Ergänzungen in offenen Flächen. Sie bieten Deckung, Nahrung, Sitzwarten und Brutplätze für Vögel. Sie sind aber auch für andere Tiere von Bedeutung, so für Säugetiere und viele Insekten. Je vielfältiger sie sind, desto grösser ist ihr ökologischer Wert. Dort, wo aufkommende Gebüsche seltene und besondere Standorte wie Kies- und Sandflächen oder Magerwiesen bedrängen, werden sie mit Vorzug eingeschränkt.
Wiesen:
Wiesen können unter bestimmten Bedingungen reichhaltige Artengemeinschaften aufweisen (z.B. Magerwiesen)). Ein vielfältiges Pflanzenangebot bietet zahlreichen Tieren Nahrung. Um ein aus biologischer Sicht wertvolle Wiese zu erhalten, ist eine extensive Nutzung mit maximal zwei Schnitten pro Jahr notwendig.
Kleinstrukturen:
Kleinstrukturen wie Totholz, Holzbeigen, Ast- und Steinhaufen oder Steinblöcke stellen wichtige Biotopbereicherungen dar. Sie werden von Tieren beispielsweise als Versteck, Aussichts- und Sonnenplätze benutzt.
Flora
Ein beträchtlicher Teil der Pflanzenarten gehört zur ökologischen Gruppe der Ruderalpflanzen, welche Lebensräume wie Wegränder, Schutt- und Ödlandstellen besiedeln. Als auffälliges Beispiel sei die Nachtkerze (Oenothera) genannt. Sie stammt ursprünglich aus Nordamerika und ist schon vor mehreren hundert Jahren nach Europa gelangt. Ganz allgemein gibt es unter den Ruderal- und Ackerbegleitpflanzen viele, die nicht zur ursprünglichen Flora der Schweiz gehören.
Charakteristisch sind auch Pionierpflanzen, d.h. Erstbesiedler kahler Flächen wie bespielsweise der Huflattich (Tussilago farfara) oder Purpurweide (Salix purpurea). Beim weitaus grössten Teil der Arten handelt es sich um allgemein verbreitete und häufige Pflanzen, aber es sind auch seltenere anzutreffen wie die Rauhe Nelke (Dianthus armeria). Sie ist regional gefährdet (VU „verletzlich“) und wächst beim Pistenstück am westlichen Grubenrand. Drei Arten sind in der Region Mittelland Ost potenziell gefährdet (NT), d.h. sie liegen nahe bei der Limite für die Einstufung in eine Gefährdungskategorie. Hierzu gehört das Florentiner Habichtskraut (Hieracium piloselloides), eine typische Kiesgrubenart, die steinige, trockene Böden besiedelt. Dieser gelbe Korbblütler kommt u.a. an der südexponierten Böschung bei der Werkzufahrt zahlreich vor. Erwähnenswert ist auch das Echte Tausengüldenkraut (Centaurium umbellatum), von dem ein grosser Bestand auf dem „Plateau“ der kiesigen Böschung im Südwestteil der Grube aufgefallen ist. Diese alte Heilpflanze ist zwar nicht gefährdet, ist aber als „nicht häufig“ zu bezeichnen.
Viele der allgemein verbreiteten, häufigen Kräuter und Stauden spielen eine ebenso wichtige Rolle wie die seltenen. Zwar findet man einige von ihnen oft auch an Wegrändern oder in Kulturland, aber in den Ruderalflächen der Kiesgrube haben Schmetterlingsraupen und andere Insekten eine bedeutend grössere Chance, sich fertig zu entwickeln, als in häufig gemähten oder bearbeiteten Flächen.
Fauna
Amphibien:
Im Areal wurden dieses Jahr (2003) sechs Amphibienarten nachgewiesen: Kreuzkröte, Erdkröte, Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Wasserfrosch und Molchlarven (vermutlich Bergmolch). [..] Vier rufende Geburtshelferkröten sind festgestellt worden.
Mit Ausnahme des Bergmolchs stehen die erfassten Arten als „gefährdet“ auf der roten Liste. Alle Amphibien sind bundesgesetzlich geschützt.
Reptilien
In der Kiesgrube kommen Zauneidechsen vor. Die Zauneidechse wird in der roten Liste als in der Schweiz gefährdete Art aufgeführt. Sie gehört zu jenen Tieren, die gerne lückig bewachsene, besonnte Biotope mit Totholz und Steinen bewohnen. Sie ist wie alle Reptilien in der Schweiz geschützt.
Vögel:
Die aufgeführten Vögel sind fast ausschliesslich Nahrungsgäste. Als Brutvogel kommt beispielsweise die Goldammer in Frage, welche ihr Nest bevorzugt in Gebüsch und Hecken anlegt. Es wurden mehrere singende Exemplare gehört. Die Braunkehlchen liess sich am 26. August 2003 beobachten. Es handelt sich in dieser Jahreszeit um ein Durchzügler auf dem Weg nach Süden.
Säugetiere:
Anhand von verschiedenen Spuren liess sich der Fuchs und eine unbestimmte Marderart nachweisen. Der Fuchs hat in den Sanddepots gegraben und dort auch Pfotenabdrücke hinterlassen.
Insekten:
Unter den beobachteten Insekten fallen mehrere Arten auf, die speziell Lebensräume oder Strukturen benötigen, wie sie in Kiesgruben zahlreich anzutreffen sind. Die südexponierte Seite der Sanddepots bietet einer Anzahl spezialisierter Wildbienen, Grab- und Wegwespen geeignete Nistplätze. Auch die deponierten Steinblöcke ziehen Hautflügler an: hier nisteten Töpfer- und Feldwespen.
Der leuchtend grüne, flugtüchtige Feldsandlaufkäfer war auf kahlen und lückig bewachsenen Flächen zu entdecken. Dort leben auch seine Larven in knapp bleistiftdicken Wohnröhren im Boden. Unter den Libellen ist der Südliche Blaupfeil eine Art, die typischerweise an flachen vegetationsarmen Gewässern zu beobachten ist, wie sie sich in der Grube auf der Kiesfläche bilden.
Naturschutzfachliche Beurteilung
Wie aus den Kapiteln Flora und Fauna zu entnehmen ist, werden die verschiedenen Lebensräume in der Kiesgrube der Lötscher Kies + Beton AG durch Pflanzen und Tiere besiedelt, unter denen sich auch Spezialisten und gefährdete Arten befinden. Besonderes Gewicht ist dem Vorkommen der Amphibienarten Geburtshelferkröte, Kreuzkröte und Gelbbauchunke beizumessen. Trotz des ausserordentlich niederschlagsarmen Sommers standen ihnen verschiedene Fortpflanzungsgewässer im Gelände zur Verfügung. Es liegen auch viele günstige Landlebensräume mit Unterschlüpfen und vegetationsarmen Flächen vor. Für die Kreuzkröte eignet sich besonders die kahlen Kiesfläche als nächtliches Jagdrevier.
Die Kiesgrube bildet zusammen mit der nördlich liegenden Gemeindegrube das Objekt LU 12 im Inventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung (IANB) und ist 2001 in der Amphibienlaichgebiete-Verordnung in die Kategorie „Wanderobjekte“ eingeteilt worden. Diese Kategorie wurde speziell für die wechselnden Verhältnisse in Abbaugebieten geschaffen.
Für das langfristige Erhalten der Amphibienpopulationen ist ein Verbund ihrer Lebensräume nötig. Damit ist zum Beispiel für eine Art das Überleben im Ersatzlebensräumen gewährleiset, wenn sich die lokalen Lebensbedingungen am ursprünglichen Standort verschlechtern. Ausserdem ermöglicht ein Lebensraumverbund den Austausch von Genen, was die Anpassungsfähigkeit bewahrt und Degenerationserscheinungen verhindert. Bei der Kiesgrube der Lötscher Kies + Beton AG handelt es sich um einen vernetzten Amphibienlaichplatz.
Für die wanderfreudigen Arten Kreuzkröte und Gelbbauchunke kann die Grube zusammen mit der benachbarten Ballwiler Gemeindegrube als einheitlicher Lebensraum angesehen werden. Die beiden IANB Objekte Gütschweiher und Hasliweiher westlich des Dorfkerns weisen andere Lebensbedingungen auf. Zwischen diesen Weihern und den Gruben sind Wanderungen von Molchen, Erdkröten, Wasser- und Grasfröschen anzunehmen.