Im Feinanteil des Betongranulates kann biogenes CO2 gespeichert werden. Das ist nicht neu, zumal jeder Beton im Laufe der Zeit CO2 aufnimmt und karbonatisiert. Die Karbonatisierung von Beton ist eine der wichtigsten Ursachen für die Korrosion der Bewehrung und damit für Schäden an Stahlbetonbauten und stellt ein ernst zu nehmendes Schadenpotenzial dar. Daher wird das Karbonatisierungsverhalten des Betons regelmässig überprüft, Karbonatisierungswiderstände müssen garantiert werden.

Die Idee der Karbonatisierung des Betongranulates

Bei der Hydratation des Zements entsteht Calziumhydroxid Ca(OH)2. Dieses ist verantwortlich für die hohe Alkalität des Zementsteins mit einem ph-Wert ≥ 12. Dieses Calziumhydoxid nimmt jedoch im Lauf der Zeit Kohlensäure (CO2) aus der Luft auf und wird in CaCO3 (Kalkstein) umgewandelt, was ein Absenken des pH-Werts auf etwa 9 zufolge hat. Der natürliche Prozess läuft extrem langsam ab, bis Tausende von Jahren. Das CO2 in der Luft macht nur 0.04 V-% aus. Dieser Prozess wird mit der Zugabe von reinem biogenem CO2 massiv beschleunigt (erhöhter CO2-Parialdruck). Dabei wird nicht der Beton selbst karbonatisiert, sondern das Betongranulat, das aus mineralischen Rückbaumaterialien aufbereitet wird. Die grösste CO2-Senkenleistungen zeigen die feinen Fraktionen des Granulates. Der Brechprozess trennt den Zementstein vom natürlichen Gestein ab. Die feine Fraktion enthält mehr Zementstein bzw. Zementhydrat. So kann in feinen Fraktionen mehr CO2 pro Masseneinheit gespeichert werden. Kleinere Partikel haben deutlich grösser Oberfläche pro Masseneinheit (Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional zur Oberfläche der Partikel). Bei den grösseren Partikeln muss das CO2 zuerst durch das Porennetzwerk diffundieren, um an die oberflächenfernen Zementphasen zu gelangen.

Die Karbonatisierung läuft wie folgt ab:

Ca(OH)2 + CO2 -> CaCO3 + H2O

Wobei CaCO3 nichts anderes als Kalziumkarbonat ist. Kalkstein, wie wir ihn aus den Schweizer Alpen zur Genüge kennen (Schrattenkalk und Co). Pro Kubikmeter 0/8 mm Betongranulat kann durch die Karbonatisierung ca. 20 kg CO2 gespeichert werden. Wir rechnen mit einer jährlichen CO2 Speicherung von ca. 500 Tonnen.

Positive Effekte der Karbonatisierung

Das karbonatisierte Betongranulat weist im Vergleich zu normalem Betongranulat eine verringerte Porosität und Wasseraufnahme auf. Die Verringerung der Porosität ist auf die Bildung von CaCO3 im Porennetzwerk zurückzuführen, das mehr Platz einnimmt als die entsprechenden Zementminerale.

Im Labor erhöht das karbonatisierte Betongranulat die Druckfestigkeit des Betons. Im Labor konnte festgestellt werden, dass

  • Beton mit karbonatisiertem Betongranulat ca. 10 N/mm2 höhere Festigkeit als ein Beton ohne karbonatisiertem Betongranulat hat.
  • RC-Beton mit karbonatisiertem Betongranulat mit gleicher Zementmenge produziert werden kann wie Beton mit primärer Gesteinskörnung.
  • Beton mit karbonatisiertem Betongranulat ca. 20 kg Zement eingespart werden kann.

Wird die industrielle Verfahrenstechnik perfektioniert, könnten die Werte an die Ergebnisse unter Laborbedingungen angenähert werden.

Konzept der Karbonatisierungsanlage

Wir planen die erste Karbonatisierungsanlage der Schweiz, die vollständig in die trockenmechanische Recycling-Aufbereitungsanlage integriert ist. Die Anlage ermöglicht einen optimalen Karbonatisierungsprozess der Feinanteile der Granulate und benötigt keine zusätzlichen Baumaschinenstunden. Für den Karbonatisierungsprozess verwenden wir das Verfahren der Firma neustark. Neustark wird uns auch das biogene CO2 liefern.

Woher stammt das biogene CO2?

Biogene CO₂-Emissionen stammen aus der Verarbeitung von biologischen Materialien wie Pflanzen und Bäumen (z.B. durch Verbrennung oder Fermentation). Bei der Verbrennung von Biomasse wird CO₂ freigesetzt, der Teil des biogenen Kohlenstoffkreislaufs ist. Dies steht im Gegensatz zur Verbrennung fossiler Brennstoffe, bei der CO₂ freigesetzt wird, der seit Millionen von Jahren im Boden eingeschlossen ist. Mit anderen Worten: Bei der Verbrennung von Biomasse wird das CO₂, das während des Wachstums der Pflanzen aufgenommen wurde, einfach wieder in die Atmosphäre abgegeben. Der Prozess ist in sich CO₂-neutral. Da wir biogenes CO₂ verwenden, entstehen beim Prozess negative Emissionen.

Die erste CO₂-Quelle von neustark ist die Biogasanlage ARA Region Bern in der Schweiz. Derzeit werden neue Projekte mit CO₂-Quellen realisiert und weitere Partnerschaften geprüft, um möglichst kurze Distanzen zwischen den Quell- und Speicherstandorten zu gewährleisten.

Geht das gespeicherte CO2 irgendwann mal wieder zurück in die Atmosphäre?

Nein. Der Karbonatisierungsprozess ermöglicht eine dauerhafte CO₂-Speicherung. Selbst wenn der Beton, in dem das CO₂ gespeichert ist, immer wieder abgerissen wird, wird das CO₂ nicht wieder in die Atmosphäre freigesetzt. CaCO3 gilt als eine der dauerhaftesten Arten, um Kohlenstoff zu binden. Nur Temperaturen von über 600°C oder sehr starke Säuren könnten das gebundene CO₂ wieder freisetzen. Damit ist sichergestellt, dass das CO₂ im Beton gespeichert bleibt, auch wenn dieser nach der Wiederverwendung erneut abgerissen wird.

Artikel Luzerner Zeitung vom 24.08.2023. Foto: Eveline Beerkircher. Artikel Luzerner Zeitung

Weitere Informationen:

www.neustark.com